Einführung in Hegels Rechtsphilosophie
6. Februar – 2. April 2024 / @ translib – Nur mit Anmeldung (siehe unten)
Hegels Rechtsphilosophie galt Marx wie auch der Kritischen Theorie trotz einiger Einwände als Ausgangspunkt für die Entwicklung einer kritischen Gesellschaftstheorie. Von anderen wurde sie als Rechtfertigung des preußischen Staates verrissen.
In den 1820 veröffentlichten Grundlinien der Philosophie des Rechts unternimmt Georg Wilhelm Friedrich Hegel den Versuch, »seine Zeit in Gedanken zu erfassen«. In anderen Worten: Er entwirft einen Grundriss der rechtlichen, moralischen und sittlichen Verhältnisse seiner Zeit. Wobei unter Sittlichkeit die Familie samt des Geschlechterverhältnisses, die politische Ökonomie in Gestalt der bürgerlichen Gesellschaft und die politische Ordnung in Form des Staates zu verstehen sind. Er versucht also, die Totalität der modernen Gesellschaft auf ihren Begriff zu bringen. Dabei stellt Hegel diese nicht nur unter dem Stern der Aufklärung dar; es wird auch deutlich, dass sein Anspruch, eine verwirklichte Vernunft und vernünftige Wirklichkeit zu erfassen, nur einzuhalten ist, indem auch das Negative dialektisch einbezogen wird: etwa Betrug und Strafe, das Böse, soziale Verheerung oder auch Krieg und Unterdrückung. Die Rechtsphilosophie präsentiert sich darum als eine riskante Gratwanderung, in der die moderne Gesellschaft durch eine widersprüchliche Begriffsentwicklung rekonstruiert werden soll. Deshalb konnte sie zu einem Ausgangspunkt für eine Gesellschaftstheorie werden, die sich materialistisch daran machte, jene sozialen Widersprüche aufzudecken. Wobei sie zugleich gegen Hegel insofern gerichtet war, als sie weniger von Aufklärung und Vernunft als mehr von Kapitalakkumulation und Klassenverhältnissen ausging, weniger also von den geistigen als mehr von den praktischen Verhältnissen der Menschen zueinander.
Die Lektüre dieses Werkes ist alles andere als leicht. Das mussten wir selbst erfahren: Im Frühjahr 2014 hatte sich ein Lesekreis zur Rechtsphilosophie in der translib gegründet. Zunächst auf 25 Termine angelegt, hielt der Text uns schlussendlich 8 Jahre und wahrscheinlich mehr als 150 Sitzungen in Atem (so genau wissen wir das nicht).
Trotzdem sollte das nicht von der Auseinandersetzung abhalten, weil vor allem der Lektüreeinstieg gemeinsam besser gelingt. Deshalb laden wir hiermit alle Interessierten zu dem Lektürekurs »Einführung in Hegels Rechtsphilosophie« ein. Anhand ausgewählter Textpassagen wollen wir uns in fünf Sitzungen (nicht mehr, versprochen!) gemeinsam schlaglichtartig einen ersten Eindruck von dem Text, seinem Aufbau, zentralen Argumenten und seiner politischen Relevanz erarbeiten. Mit dem so geprobten Widerspruchsgeist, als den Hegel einmal Dialektik charakterisiert haben soll, werden wir auch Kritikpunkte an jenem Werk beleuchten, welches in seiner Vorrede das Wirkliche für vernünftig und das Vernünftige für wirklich erklärt. Wir möchten auf diese Weise dazu einladen, die Lektüre dieses Textes gemeinsam zu beginnen, über ihn zu streiten – und natürlich gemeinsam zu diskutieren, was eine kritische Gesellschaftstheorie heute noch von Hegel zu lernen hätte.
Meldet euch bei Interesse bitte per Mail an: translib@gmx.de Die Sitzungen finden an den genannten Terminen von 17–20 Uhr in der translib statt. Für jede Sitzung sind ungefähr 20 Seiten Text vorbereitend zu lesen. Nach der Anmeldung werden die Texte digital zur Verfügung gestellt.
Termine:
- Dienstag, 6.02.: Vorbereitung und Einstieg
- Mittwoch, 21.02.: Hegels Anspruch und Systematik – Vorrede und Einführung
- Dienstag, 05.03.: Abstraktes Recht – Die Rechtfertigung von Eigentum
- Dienstag, 19.03.: Familie und Geschlechterverhältnis
- Dienstag, 02.04.: Ökonomie – Bürgerliche Gesellschaft, Pöbel und Kolonialismus