Drei Seminare zur Einführung in die Dialektik
DIE RESONANZ WAR RIESIG <3 – DIE SEMINARE SIND AUSGEBUCHT – BITTE MELDET EUCH NICHT MEHR AN
Von März bis Juni 2023 veranstalten wir drei Wochenendseminare zum Problem der Dialektik.
Durch das Dickicht der Theorie führt Franz, der nach längerer Beschäftigung mit dem Gegenstand eine Idee hat, wie man ihn verständlich machen könnte. Inhalte und Struktur des Seminars entstammen seiner bald erscheinenden Dissertation.
Die Teilnehmer*innen-Zahl ist jeweils auf 20 Personen beschränkt.
Teilnahmebeitrag: 10€ je Seminar.
Wir bitten um möglichst frühe Anmeldung unter dialektik@posteo.de
Bitte vermerkt jeweils im Betreff, an welchem/n Seminar/en ihr teilnehmen wollt.
Nach Anmeldung bekommt ihr einen Reader für das Seminar eurer Wahl zugeschickt.
Wir freuen uns sehr über alle Anmeldungen und noch ein kleines bisschen mehr über Anmeldungen von Frauen und LGBTQ.
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Ankündigung
Dialektik – kaum ein Begriff ist umstrittener, unklarer und schwerer zu verstehen. Zugleich ist
eine kritische Theorie der Gesellschaft ohne ihn undenkbar. Deshalb wollen wir uns den
Begriff im Verlauf von drei Wochenendseminaren aneignen. Wir möchten gemeinsam den
revolutionären Gehalt dialektischen Denkens herausarbeiten. Dabei vergegenwärtigen wir
uns die Warnungen der kritischen Theorie vor der Dialektik als Weltanschauung sowie die
geschichtlichen Lehren von Arbeiterbewegung und Faschismus.
In der Bestimmung dessen, was Dialektik ist, stehen sich zwei Seiten gegenüber. Auf der
einen ist dabei der Pol eines Denkens, das sich unerklärlich, bisweilen fast mystisch an die
Gegenstände anschmiegen soll. Ein Denken, dass sich einer festen Bestimmung entzieht. Auf
der anderen Seite steht der Pol der formalisierten Dialektikauffassung des Marxismus-
Leninismus. Dort wurde Dialektik als ein Werkzeug betrachtet, das angesichts der
chaotischen Wirklichkeit eine ordnende Funktion besitzt.
Dazu kommt die dunkle Ahnung, dass es ohne eine intime Kenntnis von Hegel und Marx, am
besten noch eines Großteils der Philosophiegeschichte, unmöglich zu sein scheint, zu
verstehen, was Dialektik ist.
Durch die drei Seminare soll an die Stelle dieser Überforderung die Rekonstruktion eines
Problemzusammenhanges rücken, der zumindest erahnen lässt, was es mit dialektischem
Denken auf sich hat.
Teil 1 – Dialektik bei Hegel
11.-12. März 2023, jeweils 11-17 Uhr
Zunächst ist bei diesem Rekonstruktionsversuch auf die vorkritische Metaphysik einzugehen,
an der Hegel ansetzte. So kann ohne Vorkenntnisse aber mit Lust am Denken begonnen
werden, denn die grundlegenden philosophischen Kategorien, ohne die Dialektik
unverständlich bleibt, werden in ihrem Entstehungsprozess und Problemzusammenhang
erfahrbar.
Gemeinsam werden wir uns dazu anschauen, wie Aristoteles die grundlegenden Kategorien
der Metaphysik aus der Betrachtung des Denkprozesses isolierte, aber an einer
Systematisierung scheiterte. Zugleich legte er die Spur, der Hegel folgte, um die Metaphysik
zur Wissenschaft umzuformen.
Hegel erkannte, dass die Kategorien des Denkens nicht aus dem Denken selbst abgeleitet
worden sind, sondern aus der Reflexion der empirischen Gegenstände. Was den Kategorien
zugrundliegt, ist die Wirklichkeit, die aber doch eigentlich mit diesen Kategorien begründet
werden sollte. Dialektik bedeutet für Hegel den Versuch, diese Kategorien nun aus dem
reinen Denken statt aus der empirischen Wirklichkeit abzuleiten und so zu ermöglichen,
durch Reflexion die konstituierende Grundlage von Natur zu erfassen. Die uns fertig
gegenüberstehende Welt wird so in die ihr zugrundliegende Bewegung aufgelöst. Dialektik
lässt sich somit als Versuch verstehen, den Entstehungsprozess der Wirklichkeit gedanklich
zu reproduzieren.
Teil 2 – Dialektik bei Marx
15.-16. April 2023, jeweils 11-17 Uhr
Eine Veranstaltung der translib in Kooperation mit der RLS Sachsen.
Die Idee, die versteinerten Verhältnisse zum Tanzen zu bringen, indem man ihnen die eigene
Melodie vorspielt, findet sich schon bei Hegel als Bestimmungsmoment dialektischen
Denkens. Der wesentliche Unterschied zwischen Hegel und Marx besteht nun darin, dass bei
Hegel diese Melodie das Denken, die Wirklichkeit Formbestimmungen des Denkens sind. Bei
Marx ist die Melodie die gesellschaftliche Praxis der Menschen und die Formbestimmungen
daher Praxisformen.
Dieser Problemstellung und Veränderung dialektischen Denkens wird sich in diesem zweiten
Seminar zu Marx gewidmet. Die Erkenntnis, die in der Reflexion der Kategorien liegt, ist nun
nicht mehr die Erfahrung des in den Gegenständen den Menschen entfremdeten
Bewusstseins. Vielmehr scheint auf, dass die Kategorien der politischen Ökonomie Ausdruck
der entfremdeten Arbeit sind und damit nicht ewig gültig, sondern durch die Menschen
geschaffen, ihr eigenes gesellschaftliches Produkt. In der Herrschaft der Abstraktionen wie
Ware, Geld und Kapital verbirgt sich die Herrschaft des Menschen über den Menschen. Die
Marxsche Dialektik steht damit im Widerspruch zur Aufklärung: Nicht das Denken ist es, das
die menschliche Gesellschaft substantiell bestimmt, sondern der Stoffwechsel mit der Natur,
die gesellschaftlich geteilte Arbeit. Daher ist der bürgerlichen Gesellschaft auch nicht durch
Aufklärung beizukommen, sondern die uns beherrschenden Kategorien wie Ware, Geld und
Kapital verschwinden erst, wenn ihre Grundlage transformiert wird: die gesellschaftliche
Praxis der Menschen.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
Teil 3 – Dialektik bei Adorno
24.-25. Juni 2023, jeweils 11-17 Uhr
Eine Veranstaltung der translib in Kooperation mit der RLS Sachsen.
Dieses Seminar ist der negativen Dialektik Adornos gewidmet. Ausgehend von den
Schrecken des Faschismus und den historischen Niederlagen der Arbeiterbewegung,
rekonstruierte er die Eckpunkte, die Dialektik als revolutionäre Theorie denkbar werden
lassen.
Die Organisation der chaotischen Mannigfaltigkeit der Wirklichkeit durch das
wissenschaftliche System, die Ableitung der Kategorien aus der ihnen zugrundeliegenden
Substanz wird Adorno verdächtig. Schon in der Form des begrifflichen Denkens selbst, als
Zusammenfassung des Besonderen und Einzelnem unter dem Allgemeinen, liegt ihm zufolge
ein Moment von Herrschaft. Jedes Einzelne wird in dem Moment der sprachlichen
Bezeichnung durch den Begriff zu einem Allgemeinen und dadurch unterliegt es als bloßes
Exemplar der Herrschaft des Allgemeinen, politisch gesprochen, der Gesellschaft. Dieser
Abstraktionsvorgang, der das Einzelne und Allgemeine zusammenschließt, vollzieht sich
dabei nicht nur im Kopf der Menschen, sondern auch in der Gesellschaft selbst, im
Warentausch.
Wenn Dialektik die Theorie der Befreiung, die Algebra der Revolution zu sein beansprucht,
dann nur, wenn sie das Einzelne, das Ungleiche und Eigensinnige, also das Nichtidentische
bereits in der Theorie bewahrt. Dies meint, mit dem Begriff gegen den Begriff zu denken. So
schließt das dritte Seminar mit einer Selbstkritik der Dialektik.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.