Der Wert ist der Mann?!

Tagesworkshop zu Roswitha Scholz‘ Wertabspaltungstheorem

vom Lektürekurs Kritik der Geschlechterverhältnisse, am 25.02.2017 || 11:00 || translib

Der Reader zum Seminar_“Der_Wert_ist_der_Mann?!“

Ein Text zur Kritik am Wertabspaltungstheorem erscheint bald.

Ankündigung zum Seminar

Roswitha Scholz trat in den 1990ern Jahren an, eine materialistische Patriarchatskritik zu formulieren. Während ihre wertkritischen Genossen seinerzeit die Gesellschaft kritisierten, ohne die Kategorie Geschlecht zu berücksichtigen, war der Feminismus in Deutschland vom Hype um Judith Butlers Queer Theory beherrscht. In dieser Situation formulierte Scholz ihre steile These: „Der Wert ist der Mann“. War der Zusammenhang von Patriarchat und Kapitalismus in der sozialistischen Frauenbewegung der 1970er Jahre noch ein zentrales Thema gewesen, verschob sich die feministische Debatte zwanzig Jahre später vom Patriarchat zur heterosexuellen Matrix und der Frage nach der (De-)Konstruktion von sex und gender. Dabei ging die Kritik an der kapitalistischen Gesellschaft weitgehend verloren.

Scholz hingegen knüpfte an die „fundamentale Wertkritik“ der Gruppe Krisis an. Sie übernimmt von der Wertkritik die These, dass Gesellschaftskritik an den grundlegenden Marxschen Kategorien – Wert, Ware und Geld – anzusetzen habe. Der gesellschaftliche Gesamtzusammenhang werde danach bestimmt durch die „fetischistische Selbstbewegung des Werts“ (Scholz), die alle gesellschaftlichen Sphären durchziehe. Davon ausgehend hat Scholz ihre These der Wertabspaltung entwickelt, wonach von der Sphäre, die unmittelbar durch Wert- und Warenform bestimmt ist, eine Sphäre abgespalten wird. Diese Abspaltung ist notwendig eine geschlechtsspezifische: Die Sphäre des Werts und der Warenproduktion ist die des Mannes und des männlichen Prinzip, die abgespaltene, nicht wertförmige Sphäre ist hingegen die weiblich definierte. Die gesellschaftliche Sphärentrennung entlang des Geschlechts und die damit einhergehende Abwertung des Weiblichen will Scholz also schon in der „ökonomischen Zellenform“ der kapitalistischen Gesellschaft verorten. Damit verschränkt sie Kapital- und Geschlechterverhältnis zu einem logischen und notwendigen Zusammenhang, den sie im Begriff des „warenproduzierenden Patriarchats“ fasst.

Scholz‘ Theorie schlug bis heute hohe Wellen, vor allem im deutschsprachigen Raum: macht man sich auf die Suche nach einem materialistischen Feminismus, an dem nicht der vermeintliche „Mief“ der früheren Generation marxistischer Feministinnen haftet, wird gern Roswitha Scholz herangezogen. Ihre Theorie ist allem Anschein nach sehr attraktiv, beantwortet sie doch die Frage nach dem Zusammenhang von Kapitalismus und Patriarchat radikal, kurz, prägnant und „fundamental“. Und gerade die Hartnäckigkeit des Geschlechterverhältnis, deren Zeug_innen wir heute trotz Karrierefrauen und Hausmännern sind, findet in der These der Gleichursprünglichkeit von Kapital- und Geschlechterverhältnis eine vermeintlich einleuchtende Erklärung.

Trotzdem ist Scholz‘ Ansatz keineswegs unwidersprochen geblieben. Kritik kam aus unterschiedlichen Richtungen. So lautet etwa ein Einwand, dass der Wertabspaltungstheorie ein falscher Begriff des Werts und der Arbeit zugrunde liege. Eine weitere häufig formulierte Kritik wendet sich gegen den von Scholz behaupteten notwendigen Zusammenhang von Kapital- und Geschlechterverhältnis und betont gerade die Selbständigkeit von beiden.

Um Licht ins Dunkel dieser kontrovers diskutierten Wertabspaltung zu bringen, wollen wir uns in unserem Workshop Scholz‘ Thesen ein weiteres Mal zu Gemüte führen und uns fragen, wie dienlich sie für eine feministische Gesellschaftskritik sind. Wie überzeugend ist die Verhältnisbestimmung von Kapitalismus und Patriarchat? Und was kann sie leisten für eine Kritik des weiblichkeitsfeindlichen Geschlechterverhältnis? Ist womöglich eine Kritik des Geschlechterverhältnis, die diese nicht „logisch“ an den Wert bindet, hilfreicher, um dessen Veränderungen und Aktualität zu begreifen? Welche unterschiedlichen Konsequenzen haben die verschiedenen Positionen für einer feministische Kritik und Praxis?

Um diese Fragen zu diskutieren, möchten wir uns während des Workshops zunächst einführend die grundlegenden Annahmen der fundamentalen Wertkritik erarbeiten, um uns Scholz‘ theoretischem Ausgangspunkt sowie ihrer Abspaltungskritik zu nähern. Darauf aufbauend wollen wir anhand einer gemeinsamen Textlektüre zentrale Thesen von Scholz selbst diskutieren und uns kritisch mit diesen auseinandersetzen.

Den Reader zum Workshop und weitere Infos erhaltet ihr nach einer Anmeldung. Schreibt uns eine mail an translib_workshop@gmx.de

Die Veranstaltung wird gefördert durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen und den StuRa der Uni Leipzig.

Roswitha Scholz, 2014 (CC BY-SA 4.0)