Am 22.-24. Mai – Drei Lange Filmnächte in der translib
Drei Lange Filmnächte
Im Rahmen der Reihe Der Maulwurf und die Nelken. Krise und Revolution in Portugal. Das Rhizom …1974-2014…
Im Zentrum: Amílcar Cabral, der Máximo Líder des antikolonialen Befreiungskampfes in Guinea (B) und Kapverden
Ankündigung für die beiden ersten Abende Portugal: Anti-Kolonial & Portugal: Postkolonial
Es gibt wohl in Europa fast kein Land, dessen Geschichte so stark vom Kolonialismus geprägt ist wie Portugal. Die europäische Kolonialisierung Afrikas begann im Jahre 1415 mit der Eroberung der nordafrikanischen Stadt Ceuta durch die Portugiesen. Es war ein Portugiese, Vasco da Gama, der den Europäern 1498 den lang ersehnten Seeweg nach Indien entdeckte – und dabei die Menschen an den Küsten des Indischen Ozeans mit grausamem Terror überzog. Nachdem die portugiesische Krone das Seehandelsmonopol mit Indien 100 Jahre später bereits wieder an die aufstrebenden Rivalen England und Holland verloren hatte, konzentrierten sich ihre Bemühungen auf den Atlantik. Portugal hat schon im Jahre 1442 mit der Versklavung von Afrikanern begonnen, zunächst noch in relativ geringer Anzahl und sozusagen für den europäischen Hausgebrauch. Im Zuge der wirtschaftlichen Erschließung Brasiliens wurde das westafrikanische Hinterland jedoch zum scheinbar unerschöpflichen Reservoir billiger Arbeitskräfte: Die Zahl derer, die vom 16. ins 19. Jahrhundert als Sklaven in den Bergwerken und auf den riesigen Plantagen Brasiliens verheizt wurden, geht in die Millionen. Der Löwenteil der Weltgoldförderung wurde von afrikanischen Sklaven aus brasilianischen Minen geholt – in Europa ermöglichte dieses Gold den Siegeszug des Kapitals.
Doch Portugal war nicht nur die erste, sondern auch die letzte große Kolonialmacht Europas, trotz aller Rückschläge blieben die Ausmaße seiner Überseebesitzungen bis in die 1970er Jahre enorm. Während die anderen europäischen Kolonialmächte nach dem Zweiten Weltkrieg sukzessive ihre Kolonien in die politische Unabhängigkeit entließen, forcierte das faschistische Portugal seit den 1950ern massiv die Ansiedlung weißer EuropäerInnen in Angola, Mozambik, Guinea und auf den Kapverden. Zur Rechtfertigung erfanden die Ideologen der Metropole die Vorstellung von einem besonderen „Lusotropicalismus“ und beschworen Portugal als „gemischtrassige“ multikontinentale Nation. Die Lebensrealität in den Kolonien sah jedoch anders aus. Krasse rechtliche und soziale Ungleichheit, Zwangsarbeit, Armut und Analphabetismus prägten das Leben der Kolonialisierten.
Seit den frühen 1960ern erlangte der bewaffnete Widerstand gegen die Besatzer ein qualitativ neues Niveau und weitete sich unter der Führung marxistisch-leninistisch orientierter Kaderparteien zu Bürgerkriegen aus. Der langjährige, aufreibende Kolonialkrieg trug wesentlich zur ökonomischen, moralischen und politischen Untergrabung des faschistischen Regimes in Portugal bei, indem er den Staatshaushalt aufzehrte, die Armeeangehörigen massenhaft der Führung entfremdete und zu ihrer politischen Radikalisierung ebenso beitrug wie zur Ruinierung des internationalen Ansehens des Landes. Der Kolonialkrieg und die militante und propagandistische Aktivität der nationalen Befreiungsbewegungen stellen somit auch einen wesentlichen Faktor in der Vorgeschichte der portugiesischen „Nelkenrevolution“ 1974/75 dar, die ohne deren Berücksichtigung nicht begriffen werden kann.
In den beiden Langen Filmnächsten Portugal: Anti-Kolonial und Portugal: Postkolonial wollen wir nach Einführungen in die Geschichte des portugiesischen Kolonialismus jeweils mehrere Filme zeigen, die das Kolonialregime, den antikolonialen Befreiungskampf, sowie das Fortleben der Kolonialgeschichte in der portugiesischen Gegenwart zum Gegenstand haben.