»Gewiss ist ein solches Studium, eine solche Auslegung und eine solche Propaganda der Hegelschen Dialektik außerordentlich schwierig, und die ersten Versuche in dieser Richtung werden zweifellos mit Fehlern behaftet sein. Aber nur der macht keine Fehler, der nichts tut.« (Lenin)
Mit diesem Leninzitat wurde der Lesezirkel zu den Grundlinien der Philosophie des Rechts im Jahr 2014 ins Leben gerufen. In dem Werk, welches 1820 bereits erschien, unternimmt es Georg Wilhelm Friedrich Hegel, einen Grundriss der bürgerlichen Gesellschaft, samt ihren Rechts-, Moral-, Familien- und Staatsverhältnissen zu entwerfen. So sollte die Totalität der modernen Gesellschaft auf den Begriff gebracht werden. Dabei stellt Hegel diese nicht nur unter dem Stern der Aufklärung dar; er lässt an bestimmten Stellen seines Werkes auch erkennen, dass der Anspruch, eine verwirklichte Vernunft und vernünftige Wirklichkeit zu erfassen, nur einzuhalten ist, indem auch das Negative dialektisch einbezogen wird: unmoralische und unrechtliche Handlungen, Gewalt, soziale Verheerung. Die Rechtsphilosophie präsentiert sich darum als eine riskante Gratwanderung, in der die moderne Gesellschaft durch eine widersprüchliche Begriffsentwicklung rekonstruiert werden soll. Sie konnte auf diese Weise zu einem Ausgangspunkt für eine Gesellschaftstheorie werden, die sich materialistisch daran machte, jene sozialen Widersprüche weniger von Aufklärung und Vernunft als mehr von Kapitalakkumulation und Klassenverhältnissen zu entdecken, weniger also von den geistigen als mehr von den praktischen Verhältnissen der Menschen zueinander.
Unter dieser Perspektive hat unser Leserzirkel in einer mehrjährigen Diskussion die Rechtsphilosophie Paragraph für Paragraph durchgearbeitet. Wir haben uns zweiwöchentlich getroffen, gelesen, diskutiert, protokolliert und immer wieder auch Tagesseminare zu bestimmten Großabschnitten des Werkes veranstaltet, wo wir unsere Ergebnisse vorgestellt und neue MitstreiterInnen gesucht haben. Nach beinahe acht Jahren konnten wir die gemeinsame Lektüre derGrundlinien der Philosophie des Rechts – etwas erschöpft – abschließen. Danach verfassten wir einen Reflexionsbericht zu den Erfolgen und Problem unserer gemeinsamen Aneignung und führten noch einmal ein Tagesseminar durch, das einen kritischen Zugang zur Rechtsphilosophie bahnen sollte.
Unser Reflexionspapier, das wir nach ca. 8-9 Jahren der gemeinsamen Diskussion und Lektüre verfasst haben, könnt ihr hier einsehen. Wir erhoffen uns, dass dieser Bericht über die Struktur, Erfolge und auch Probleme des Lesekreises eine Orientierungshilfe für Personen mit ähnlichen selbstorganisierten Bildungsprojekten bieten kann.
Reflexionspapier Lesekreis Rechtsphilosophie translib, Juni 2023